Montag, 11. März 2013

Da Gama Home

Dagama Home wurde 1961, drei Jahre vor der sambischen Unabhängigkeit, von den Knights da Vasco da Gama gegründet mit dem Ziel, die Kinder der britischen Besatzer beherbergen. Erst später wurden auch nach und nach einheimische Kinder aufgenommen. 1964, mit der Unabhängigkeit, übergaben die Knights da Vasco da Gama all ihren ehemaligen Besitz, der übrigens viel mehr als nur das, was wir heute als „Da Gama Home“ kennen, umfasste (Felder, Farmen,…), dem Bischof der Region. Der wiederum übergab „Da Gama Home“ in die Hände eines Franziskanerinnenordensi, die die entstandene „Special school for physically disabled children “ bis heute führen.


Ja, und das ist jetzt mein neuer Einsatzort. Da Gama ist sowohl Internat als auch Tagesschule, das heißt, dass etwa 100 Schüler und Schülerinnen (die Mädchen sind klar in der Überzahl mit mal mindestens ⅔ ) mit physischer Einschränkung auch in Da Gama leben, während täglich etwa 30 zusätzliche Schüler aus Luanshya zum Unterricht, zum Mittagessen und evtl. auch noch für das Nachmittagsprogramm dazukommen.
Meine Jobbeschreibung könnte eigentlich „Lehrerin für C.T.S. (Creativ and Technology Studies)in Grade 4,5,6 und Computer Studies in Grade 5,6,7,10,11“ heißen. De Facto bin ich aber fast 24 Stunden im Einsatz, abgesehen von den 5-8 Stunden Schlaf pro Nacht, die ganz von der Energie meiner Mitbewohner und der anfallenden Aufgaben abhängt. Ich wohne nämlich so zu sagen „next door“ mit 6 Mädchen aus der zehnten und elften Klasse….

Unser Reich:


Mein Zimmer ...

... das Dorm nebenan

















Jetzt könnte man meinen, dass einen das durchweg stresst und man nie seine Ruhe hat. Stimmt nicht ganz, ist aber auch nicht völlig falsch. Es stimmt, weil ich wirklich fast rund um die Uhr in Begleitung bin, Spiele spiele (UNO ist hier definitiv Lieblingsspiel Nummer 1, mit teilweise sehr emotionaler Spielweise inklusive lautstarker Diskussionen in Bemba in gefühlter Lichtgeschwindigkeit, was sich dann auch schon mal im Zustand der Karten widerspiegelt …), Spiele erfinde, unterrichte, Hausaufgaben „betreue“ und neuen Stoff erkläre (meistens Mathe, was gar nicht so ganz einfach ist, wenn man alle Fachbegriffe aus der eigenen Schulzeit nur in der falschen Sprache kennt …), mich um kranke Mitbewohner kümmere, Fußball spiele, Unterricht vorbereite, Luftballons aufblase (die meistens so wie so nach max. einer Stunde zwischenmenschlichen Zusammenseins ins Jenseits scheiden …), Lieder singe, Bemba lerne (!) (die Kinder sind wahrscheinlich wirklich die besten Lehrer die ich je in Bemba hatte, auch wenn selbst sie es wahrscheinlich nie schaffen werden, dass ich am Schluss fließend spreche. Dafür ist die Sprache einfach immer noch sehr abstrakt) und natürlich all die 1000 Fragen über Deutschland, meine Vorgängerin und mich, meine Familie und was einem noch so alles einfällt, beantworte.

In meiner Freizeit wasche ich dann mal Wäsche, putze und kehre eifrig mit und am Abend ist dann auch Musik hören oder ein bisschen Lesen drin (wenn meine Mitbewohnerinnen und ich nicht gerade bis spät in die Nacht Gespräche führen und erst aufhören, wenn entweder die Hälfte eingeschlafen ist oder die Schwester uns ins Bett schickt.) Der momentan wöchentliche Stromausfall und die Tatsache, dass die Malariahochzeit ziemlich viele Schüler ans Bett fesselt              - zusätzlich zu chronischen Schmerzen – (alleine in der 11-ten Klasse habe ich letzte Woche nur die Hälfte (!) unterrichten können), schränken das Abendprogramm zwar manchmal etwas ein, aber Viel mehr Schlaf beschert einem das trotzdem nicht unbedingt.

Aber jetzt mal ein bisschen genauer zu den Schülern. Eine Klassenstärke ist hier sehr unterschiedlich. Ich habe Klassen mit   7 Schülern, aber auch andere mit 21.

unser Computerraum
Die Englischkenntnisse schwanken nicht nur von Grade zu Grade, sondern auch von Schüler zu Schüler, da manche erst wesentlich später als andere in der Schule angefangen haben und dadurch deutlich älter sind als die Klassenkameraden, aber auch weil sie aus diversen sozialen Schichten (nicht ganz, da ja immer noch das Schulgeld und die Uniform bezahlt werden müssen) und allen Ecken Sambias kommen. Leider hat das dazu geführt, dass viele Schüler lieber Bemba im Unterricht sprechen, obwohl ihnen das mittlerweile sogar per Schulordnung verboten ist. Und da kann man sich dann als Lehrer (!) schon mal ziemlich ausgeschlossen vorkommen, wenn da eine Diskussion über dein Thema geführt wird oder ein Streit ausbricht und du keine Ahnung hast worum es geht, geschweige denn wer der „Störfaktor“ war J. Es läuft immer besser und das Unterrichtsklima pendelt sich jetzt auch auf „Arbeitsatmosphäre“ und „Zimmerlautstärke“ ein, zumindest hoffe ich, dass das so etwas ähnliches mal unser Endzustand sein könnte J … Computer und Kreativität steht zwar schon hoch im Kurs … , aber noch viel größer ist natürlich das Interesse für Deutsch, Bälle (die eigentlich abgezeichnet werden sollen), Seifenblasen (die eigentlich zur Demonstration von Transparenz gedacht waren) und Luftballons.
eines der großen Dorms
- wie man es aus Filmen kennt
Mehr als in meinem vorherigen Projekt zeigt sich aber die Schwierigkeit meine beiden Rollen, „Lehrerin“ und „Freund“, miteinander zu vereinbaren. Wie schon in Saint Martha liegt mir der „Freund“ von Natur aus besser, aber wenn ich eine gewisse Autorität nicht durchziehe ist die „Lehrerin“ praktisch unmöglich. Mittlerweile glaube ich aber einen ganz guten Weg gefunden zu haben, „Schule“ und „Sonst so“ (Freizeit kann man ja so nicht sagen …) so zu trennen, dass meine Schüler merken, dass ich im Unterricht immer noch der Chef bin, man aber sonst mit mir eher auf einer Ebene reden kann.

Mittagessen
- ein gut organisierter
Tumult
Jetzt habe ich soviel von der Schule gesprochen, aber völlig vergessen zu erwähnen, dass ich in diesem Projekt mit Schwestern zusammenlebe. Von anderen Voluntären auf dem Vorbereitungsseminar hatte ich ja im Vorfeld schon so manche Schauergeschichte aus der eigenen Erfahrung erzählt bekommen und bin danach verständlicher Weise mit gemischten Gefühlen angereist. Bin dann aber schon nach dem ersten Tag mehr als beruhigt eingeschlafen. Die Schwestern und vor allem die Mädchen (die Jungs waren am Anfang noch sehr vorsichtig J )haben mich auf eine Art aufgenommen und willkommen geheißen, dass ich echt fast zu Tränen gerührt war (und das heißt bei mir schon was, wenn ich versuchen muss NICHT zu weinen) und mich extrem schnell zu Hause gefühlt habe. Das ist wahrscheinlich auch der Auslöser dafür, dass mich unser 7. Monatstag (heute) gerade ziemlich in Panik versetzt ….

So, lange Rede kurzer Sinn. Mir geht’s mehr als gut, ich lerne jeden Tag sehr viel Neues (besonders, aber nicht nur, auf zwischenmenschlicher Ebene) dazu und melde mich sobald es geht.

Jetzt muss ich aber wieder bisschen arbeiten. Unterricht bereitet sich nicht von selbst vor J

Gruß aus der Ferne,

Shalenipo

Teresa
Da mich jetzt doch immer Mal wieder Fragen erreicht haben,ob ich denn wirklich im Chor mitsinge und wie so ein "weißer Punkt" aussieht, habe ich jetzt Beweisfotos ausgegraben ...




Dazu, dass ich schon als "weißer Punkt"
immer raussteche,
kommt noch dazu,
dass ich auch einen Kopf größer als fast
alle
anderen Mädels im Chor bin
:)