Im letzten Eintrag habe ich noch darüber erzählt, wie sehr mich die Arbeit im Orphanage fordert und erfüllt, und jetzt liegt das dritte und letzte Projekt auch schon hinter mir.
Hier noch ein paar bleibende Eindrücke:
Mein Arbeitsplatz
"Let'sh go Panshe!"
- die Bemba-Englisch-Mischung ohne Schneidezähne für
"Lass uns raus gehen!"
Fotoshooting - eine echte Herausforderung
... und weil immer EINER die Augen zu hat, machen jetzt mal ALLE die Augen zu, damit es geordneter aussieht ...
... aber dass jeder in eine andere Richtung schaut bleibt ... :)
Meine Zeit in „St.Martin’s Childrens home“ war wunderschön,
aber auch von Traurigkeit geprägt. Die Art und Weise wie die Schwestern mit den
Kindern mehr oder weniger in einem Haus leben (sie schlafen und essen
getrennt), wie die älteren Mädchen auf die jüngeren „Geschwister“ aufpassen und
wie alle zusammen als eine Art „große Familie“ fungieren hat mich tief
beeindruckt und gerührt. Auf die Frage, was sie antworten würde, wenn sie
jemand nach der Anzahl ihrer Geschwister fragen würde, sagte eine der Älteren: “Ich
sage, dass ich 30 Geschwister habe. Dann schauen mich immer alle ganz
überrascht an und fragen wie das denn geht. Ja, und dann wollen sie mich
meistens besuchen kommen …“
Es ist nicht einfach
mit 30 aufgeweckten Kerlchen Tag und Nacht ein Leben zu teilen, ich war ja am
Ende meines Arbeitstages schon oft völlig ausgelaugt.
Die traurige Seite wird vor allem dadurch repräsentiert,
dass in meinen 2 Monaten 2 Kinder verstorben sind. Beide nicht einmal 2 Jahre
alt. Wie sehr es einen mitnehmen kann, wenn kleine wie große Menschen von uns
gehen, ist bei mir insofern durchgesickert, als dass ich erst Mal krank
geworden bin. Beide Male kam der Tod hinterrücks und ohne erkennbaren Grund.
„Plötzlicher Kindstod“ sagt die Akte, aber ich glaube in Wirklichkeit ist das
nur der Medizinerausdruck für „Mist, was ist denn hier los“.
Mein zweiter trauriger Eindruck war der explizite Kontakt
mit Kindererziehung. Da ich in den vorherigen Projekten ja nur im Bereich
„Ausbildung im weitesten Sinne“ gearbeitet habe, bin ich bis dahin nie direkt
mit der sambischen Erziehungsweise, die auch körperliche Züchtigung beinhaltet,
in Berührung gekommen. Besonders dieses Thema ist für Europäer oft schwer zu
handhaben, so auch für mich. Da es für uns ein absolutes Tabu ist, ein Kind zu
schlagen, fällt es sehr schwer zu akzeptieren, dass das in anderen Kulturen
nicht so ist. Es ist so schwer, weil wir intuitiv wahrnehmen, dass etwas
Unrechtes passiert und wir das ändern wollen. Und das ist auch schon der Haken:
Wir kommen in eine Kultur, die seit Jahrhunderten besteht und in der es eben
dazu gehört, sein Kind so zu erziehen. Und das ändert sich auch nicht, weil da
irgendsoein dahergelaufener Volontär meint, er wüsste es besser. Das ist
verdammt schwer zu akzeptieren.
Aber es ist auch nicht die gesamte Bevölkerung, die an
dieser traditionellen Sichtweise festhält. Die Stimmen derer, die sich dagegen
auflehnen, werden laufend stärker, vehementer und vor allem mehr.
Besonders die beiden letzten Erfahrungen haben mich ob ihrer
Neuartigkeit noch einmal sehr verändert, meine bisherige Integration noch Mal
auf die Probe gestellt. Denn genau in diesen Momenten wird deutlich, dass man
immer Kind seines Systems bleibt, dass man bis zu einem gewissen Grad
eintauchen kann, dass es aber auch Grenzen gibt. Wir Volontäre balancieren das
ganze Jahr über auf der Schwelle zwischen Integration und Assimilation und in
manchen Situationen droht man abzurutschen und dann muss man eben seinen
Standpunkt neu formulieren oder nachjustieren. Das ist selten einfach, aber
immer notwendig. Und als genau das, sehe ich diese Erfahrungen. Als Prüfpunkte.
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